von Dr. Jürgen Krause
1990 auf Mosel-Wanderfahrt
25 Jahre im wieder vereinten Deutschland nach 45 Jahren der Trennung sind Anlass zu einem kurzen Rückblick. Die friedliche Revolution 1989/90 führte zu vielen gesellschaftlichen und privaten Veränderungen. Im Bootshaus hatten wir den Dresdner Ruderverein 1990 wieder gegründet, die erste Wanderfahrt in den Westen Deutschlands führte uns im Herbst 1990 (29.9.-7.10.1990) auf die Mosel, in einer Zeit mit vielen Unbekannten auf dem Weg zu „blühenden Landschaften“.
Für diese Wanderfahrt in einem für uns neuem Ruderrevier hatten wir uns Quartiere in verschiedenen Bootshäusern und die Ausleihe von zwei Ruderbooten organisiert.
Nach Arbeitsschluss am 29.9.1990, einem Freitag, machten wir Ruderer unseres Vereins, damals offiziell noch BSG Sachsenwerk, und von Aufbau Ost uns mit Pkw’s auf den Weg über verstopfte Autobahnen über Koblenz nach Trier mit einer Zwischenübernachtung bei Eisenach. Zwei Ruderboote (2x+Gig und 4x+ Gig) hatten wir uns beim RC Rhenania Koblenz ausgeliehen, die dieser gegen Bezahlung nach Trier fuhr. Hier waren wir zuerst Gast bei der RG Trier, wie in allen Bootshäusern (Bernkastel-Kus, Zell, Cochem, Koblenz) Quartier mit Luftmatratze und Schlafsack.
In Trier begann die Wanderfahrt in mehreren Etappen nach Koblenz. Ein Landdienst sorgte für die parallele Mitführung der Pkw’s. Am 2.10.1990 war wir letztmalig DDR-Bürger beim RV Zell. Am 3.10.1990 legten wir als neue Bundesbürger am Steg der Cochemer RG an, wo wir vom Vorsitzenden Herrn Koll mit Moselwein-Spätlese begrüßt wurden und abends am nächsten Tag seine Gäste zur Wein- und Sektprobe in seiner Weinkellerei waren.
Nicht nur vom Wasser aus erlebten wir die herrliche herbstliche Mosellandschaft. Auch historische Orte zwischen Trier und Koblenz weckten unser Interesse. So waren wir in Trier, am historischen Weinschiff der Römer in Neumagen, besichtigten Bernkastel-Kus, wo wir im Bootshaus unser Quartier aufschlugen und die riesigen Weinberge gegenüber sahen. In Cochem waren wir auf der Reichsburg, vorher in Beilstein und wanderten zur Burg Eltz. Überall in den Vereinen begrüßten uns Vorstandsmitglieder, nur im Bootshaus in Koblenz standen wir etwas im Wege ohne größere Begrüßung. Das vereinbarte Quartier wurde andersweitig genutzt, im verstaubten Kraftraum zwischen den Hanteln fanden wir etwas Platz. Von Koblenz ging es dann in einem Tag wieder nach Dresden zurück.
Einige Mitglieder unseres Rudervereins erinnerten sich bei dieser Wanderfahrt an ein Ereignis, das Deutschland massiv mit dem Mauerbau am 13.8.1961 geteilt hatte. Sie waren nach gemeinsamen Camping-Urlaub in Dranske-Nonnevitz auf Rügen am 12./13.8.1961 auf der Heimreise mit dem Zug und Motorroller nach Dresden. Der Zug änderte vor Berlin in der Nacht seine Fahrtrichtung und fuhr über den Außenring an Potsdam vorbei um Berlin herum nach Dresden. In Potsdam wehten noch die Flaggen der „Gesamtdeutschen Ausscheidung der Ruderer für die EM-Teilnahme“, Panzer standen am Bahndamm. Langsam sprach sich im Zug herum, was in Berlin geschah. Das Lokpersonal zur Ablösung kam mit Verspätung nach Rangsdorf.
Die Mauer zum Westen bedeutete aber nicht, dass wir Richtung Osten frei reisen konnten. 1964 wurde es erstmalig möglich, auf der Elbe eine Wanderfahrt von Litomerice / CSSR nach Dresden zu unternehmen. Zeitweise konnten einige Jahre später auch Wanderfahrten in Polen durchgeführt werden. So ruderten einige von uns 1979 auf den Masurischen Seen.
Nun hatte 1990 die Teilung Deutschland nach 45 Jahren ein Ende gefunden, die die Siegermächte des 2. Weltkriegs mit der Aufteilung in vier Besatzungszonen begannen und mit dem „4 + 2 Abkommen“ nach Währungsreformen und der Gründung zweier deutscher Staaten sowie „Kaltem Krieg“ statt eines Friedensvertrages beendeten. Noch wussten wir damals nicht, welche Veränderungen insgesamt auf uns zukommen sollten, begannen aber hoffnungsvoll den Weg in die lange vermisste Freiheit.